Eine Woche, so voller Pointen, daß es schwer fällt, überhaupt einen Anfang zu finden. Beginnen wir mit dem Grumpy-Catman der SPD, Ralf Stegner. Da der spezialdemokratische Sympathiebolzen angekündigt hat, als Landesvorsitzender in Schleswig-Holstein abzutreten, kann er sich nun ganz auf sein Hobby des asozialen Netzwerkens konzentrieren. So war denn am 6. September auf Ralles Twitter-Account das folgende Bekenntnis zu lesen:

https://mobile.twitter.com/ralf_stegner/status/1037755731427164160

Chapeau! So viel Selbstironie hätte man dem Stegi nun wirklich nicht zugetraut. Der Mann – als Humorist bislang noch unentdeckt – gewinnt vollkommen neue Qualitäten. Man entkorke eine Flasche Rotwein, lese sich auch die Re-Tweets durch und schon ist der Abend festlich genießbar. Feiern dürfen aber auch die von der Facebook-Zensur Betroffenen. Dank eines von Steinhöfel durchgefochtenen Prozesses vor dem OLG München, herrscht nun wieder Redefreiheit beim Informationskraken:

http://www.faz.net/aktuell/feuilleton/medien/facebook-darf-nicht-eigenhaendig-beitraege-loeschen-15773244.html

Nutzer, die mit ihren persönlichen Daten, das Geschäftsmodell von Facebook sichern, müssen sich dafür nicht auch noch bevormunden lassen. So entschied das Gericht. Wie das Geschäftsmodell der bezahlten Anschwärzer vom Schlage einer Anetta Kahane (Künstlername IM Victoria) und ihrer Blockwartstiftung in Zukunft aussehen wird, bleibt abzuwarten.

Zurück zu den Bonmots der vergangenen Woche. Einen sagenhaften Knaller hat der Bundesinnenhorst rausgehauen: Die Migration sei die Mutter aller Probleme! Das ist mutig, denn in der Regel assoziiert man mit der „Mutter aller Probleme“ eher die real existierende Rautenschlepperin.

https://www.welt.de/debatte/kommentare/article181446836/Vertrauensverlust-Merkel-in-den-Lueften-Probleme-am-Boden.html

Aber auch das wäre zu kurz gedacht…

https://www.focus.de/politik/experten/gastbeitrag-von-gabor-steingart-seehofer-und-merkel-volk-will-ueber-gefuehle-sprechen-regierung-verbietet-es_id_9547686.html

Gabor Steingart widerspricht zu Recht. Die Mutter aller Probleme ist nach seiner Beobachtung das Kommunikationsproblem zwischen Volk und Volksvertretern, das schon vorher existierte und welches in der Flüchtlingsfrage nur offensichtlich wurde. Er erinnert an den von einer namhaften Meinungsforscherin geprägten Begriff der „Schweigespirale“. Zitat: „In Medien und Regierung bildet sich demnach eine Mehrheitsmeinung heraus, diese erzeugt Konformitätsdruck. Der unter Isolationsfurcht leidende Mensch wird, da er die Einsamkeit zu vermeiden sucht, vom Kritiker der Verhältnisse zum Schweiger. Millionen Menschen sind im Kopfgefängnis gefangen. Es kommt zur inneren Aufkündigung der Loyalität gegenüber den Politikern…“ Zitatende.

Wir erinnern uns: Steingart wurde selbst erst vor wenigen Monaten als Geschäftsführer der Verlagsgruppe Handelsblatt geschaßt. Leiser geworden ist er deswegen nicht. Der Gabor schreibt nun für den Focus gar unerhörte Prognosen: „Bald gibt es in Ostdeutschland mehr frei lebende Wölfe als SPD-Mitglieder“:

https://www.focus.de/politik/experten/gastbeitrag-von-gabor-steingart-europas-nessie-heisst-italien-wie-sich-europa-ein-pleite-ungeheuer-maestet_id_9533001.html

Sein erstklassiges „Morning Briefing“ ist jetzt übrigens auch als App fürs Streichel-Phon erhältlich. Wer braucht da noch ein Handelsblatt? Und wer wird demnächst noch den Spiegel lesen? Das sich selbst als „Sturmgeschütz der Demokratie“ feiernde Blatt produziert seine Rohrkrepierer mittlerweile im Akkord. Einstmals war das Nachrichtenmagazin eine Institution, ja ein Hochamt zu Zeiten der deutschen Teilung für jeden Ossi, der verbotenerweise ein Exemplar aus Ungarn nach Hause einschmuggeln konnte. Im Politbüro waren die Spiegelausgaben gefürchtet und gleichsam begehrt. Die Spitzenkader bekamen ihn in einem versiegelten Umschlag per Hauskurier persönlich geliefert. Man wußte: Spiegelredakteure waren in der Regel bestens informiert und schrieben detailliert über Hintergründe und diskrete Zusammenhänge. Der Spiegel trotzte Strauß und strotzte vor Selbstbewußtsein. Die Betriebskantine (steht heute im Museum) ließ man sich
von einem dänischen Stararchitekten entwerfen. Leider färbte die in kräftigem Rot gehaltene Futterstelle auf deren Nutzer ab. Zugegeben, ein bürgerliches Blatt war das Hamburger Nachrichtenmagazin nie. Trotzdem teilte man im letzten Jahrhundert noch kräftig gegen Rechts UND Links aus. Die Zeiten sind vorbei. Der Spiegel ist zu einem neomarxistischen Agit-Prop-Medium verkommen. Die Macher des Focus begreifen das als ihre Chance. Lange konnte die Münchener Konkurrenz mit ihren weit oberflächlicheren Darstellungen dem Spiegel das Wasser nicht reichen. Dann ließ man sich auch noch dazu hinreißen, herausragend kritische Federn, wie etwa einen Klonovsky vor die Tür zu setzen. Mittlerweile aber liest man im Focus Beiträge, die es in der übrigen Lückenpresse nicht einmal bis in die Redaktionskonferenz schaffen:

https://www.focus.de/politik/experten/kelle/gastkommentar-von-klaus-kelle-wie-die-tagesschau-ueber-chemnitz-berichtet-hat-mit-oeffentlich-rechtlichem-journalismus-nichts-mehr-zu-tun_id_9522001.html

Damit wären wir beim Thema Chemnitz. Der Chef des VS hat keine belastbaren Informationen über die so schrill besungenen „Hetzjagden“ und gibt zu bedenken, daß ein Video aus der Quelle „Zeckenbiss“ mit der gebotenen Vorsicht zu genießen sei…

https://jungefreiheit.de/politik/deutschland/2018/hetzjagden-verfassungsschutzchef-maassen-widerspricht-bundesregierung/

Der sächsische Ministerpräsident Kretschmer, der gerade noch (Orwell ante portas) von einem „Angriff auf unsere Wahrheitssysteme“ sprach…

https://philosophia-perennis.com/2018/09/01/chemnitz-sachsens-ministerpraesident-kretschmer-in-angst-um-seine-orwellschen-wahrheitssysteme/

sekundiert nun eilfertig…

https://www.welt.de/politik/deutschland/article181424984/Kretschmer-zu-Chemnitz-Gab-keinen-Mob-keine-Hetzjagd-keine-Pogrome.html

worauf der konfuse Regierungssprecher seine „Quellen“ offenlegt…

https://jungefreiheit.de/politik/deutschland/2018/hetzjagd-in-chemnitz-seibert-beruft-sich-auf-schilderungen-aus-sozialen-medien/

was wiederum den ehemaligen DDR-Bürgerrechtler Arnold Vaatz die Fassung verlieren läßt:

https://jungefreiheit.de/politik/deutschland/2018/hetzjagd-unionsvize-vaatz-kritisiert-regierungssprecher-seibert/

Zu allem Überfluß erklären dann noch die Tagesthemen (natürlich gut versteckt), sich für ihren allzu kreativen Filmschnitt entschuldigen zu müssen:

https://jungefreiheit.de/politik/deutschland/2018/chemnitz-tagesthemen-mischen-hitler-hooligans-in-afd-demo/

Im Spätprogramm hat das zum Glück kaum jemand mitbekommen. Werner J. Patzelt aber ist sauer. Für einen Politikwissenschaftler sind Fakten und Fiktion strikt auseinanderzuhalten:

http://wjpatzelt.de/2018/09/02/was-von-den-chemnitzer-hetzjagden-bleibt-samt-einigen-lehren/

So unterstützt er auch eine Petition an die Bundesregierung mit der Aufforderung, die strittigen Behauptungen zu belegen:

https://www.change.org/p/bundesregierung-frau-bundeskanzler-bitte-belegen-sie-ihre-behauptungen

Bisher sind über 34.000 Unterschriften zusammengekommen. Unterstützer sind weiterhin willkommen. Für Patzelt ist dessen klare Positionierung durchaus riskant. Ein anderer Politikwissenschaftler hat sich in einem Buch mit der Durchführbarkeit von Grenzsicherungsmaßnahmen befasst…

https://jungefreiheit.de/politik/deutschland/2018/politikwissenschaftler-fordert-schutzwall-fuer-deutschland/

und schon ist der Mann so gut wie erledigt:

https://www.merkur.de/politik/bundesnachrichtendienst-prueft-massnahmen-gegen-ausbilder-wegen-buchveroeffentlichung-zr-10222781.html

Hoffen wir, daß er in Zeiten wiederkehrender Sippenhaft, keine Kinder hat:

http://www.faz.net/aktuell/feuilleton/debatten/waldorfschule-wien-schulverweis-wegen-neurechter-mutter-15775010.html

„Ein marxistisches System erkennt man daran, daß es die Kriminellen verschont und den politischen Gegner kriminalisiert“ schrieb einst Alexander Solschenizyn und von Jean-Paul Sartre ist folgender Satz überliefert: „Die Hölle, das sind die anderen.“ Der Spruch ist heute aktueller, denn je:

https://www.cicero.de/kultur/politische-rhetorik-populistisch-sind-immer-die-anderen

Wenn sich nun das westdeutsche Juste-Milieu die Augen reibt und man sich entgeistert fragt, was denn den Widerstand im Osten so unnachgiebig anwachsen läßt, will man das Unverkennbare als Erklärung keinesfalls hinnehmen. Dabei könnte gerade der folgende Beitrag aus der NZZ helfen zu begreifen, was derzeit geschieht und warum. Eine uneingeschränkte Empfehlung für den Artikel der Woche:

https://www.nzz.ch/feuilleton/alles-beginnt-mit-herkunft-weshalb-ostdeutschland-sich-zur-provokation-entwickelt-ld.1415437

Sogar im öffentlich rechtlichen Rundfunk war unlängst eine etwas kulantere Stimme vernehmbar – wenn auch nur als Einzelfall:

https://www.dw.com/de/kommentar-immer-diese-sachsen/a-45293829?maca=de-newsletter_de_themen-2076-html-newsletter

Klarer noch redet Eidgenosse Köppel im Editorial der Weltwoche:

https://www.weltwoche.ch/ausgaben/2018-36/artikel/sachsen-die-weltwoche-ausgabe-36-2018.html

Wer in der DDR aufwuchs, fand nach der Wiedervereinigung die Lügen der westlichen Werbeindustrie mit all ihrem verkaufsfördernden Glamour noch faszinierend, denn das war neu. Die Lügen staatlich gelenkter Propaganda in all ihrer Plattheit empfindet dieselbe Zielgruppe hingegen als Beleidigung. Schließlich weiß man, wie selbige zustande kommen, kennt die Zaubertricks der Illusionisten. Schwarze Schwarzfahrer? Sind besser mal kein Thema. Weil nicht sein kann, was nicht sein darf. Die Pressestelle der Bahn weiß, was sie lieber nicht publik macht:

https://www.welt.de/politik/deutschland/article181463018/Bahn-dementiert-Boris-Palmers-Behauptung-ueber-schwarzfahrende-Fluechtlinge.html

Unterhält man sich hingegen (unter vier Augen) mit Zugbegleitern, hört man in repräsentativer Breite von einem gegenteiligen Befund.

Und was war nun in Chemnitz? Ein Aktenfehler!

https://www.welt.de/politik/deutschland/article181469924/Chemnitz-Aktenfehler-verhinderte-Abschiebung-des-mutmasslichen-Messerstechers.html

Gerade kam die Meldung: Die Schwedendemokraten sind offensichtlich zweitstärkste Kraft geworden. In deutschen Medien zeigt man sich überrascht. Ich wiederum bin überrascht, daß man in deutschen Medien überrascht ist. Aber vielleicht liegt letzteres ja auch nur daran, daß ich im letzten Jahr selbst in Schweden war.

Was ist sonst noch passiert, in der vergangen Woche? Traurig: Der Spermaoffizier aus Woody Allens Film „Was Sie schon immer über Sex wissen wollten…“ ist tot. Er sei – so schreibt „Die Welt“ – das Symbol einer überlebten Männlichkeit gewesen…

https://www.welt.de/kultur/article181449220/Tod-mit-82-Burt-Reynolds-war-das-Symbol-einer-ueberlebten-Maennlichkeit.html

Mag sein. Nur hätte es Burt Reynolds nicht ängstlich geduldet, wenn man seine Partnerin auf der Domplatte zu Silvester angegrapscht hätte. Nen Satz heißer Ohren wäre die unmittelbare Folge gewesen. Aber vielleicht wird dieses „überlebte Männerbild“ ja bald wieder salonfähig oder gar notwendig sein?

Zum Abschluß nun noch was Positives aus der vergangenen Woche: Die Ersatzteilversorgung wird sich in Deutschland dramatisch verbessern:

https://www.nzz.ch/wirtschaft/von-der-freiheit-des-organspenders-ld.1416857

Zwar muß man das Wort „Spende“ neu definieren und vom Zwang der Freiwilligkeit lösen, aber sonst ist das sicher eine super Idee von unserem Gesundheitsminister. Wenn es demnächst klingelt, muß auch niemand mehr seinen Organspendeausweis vorzeigen:

https://www.youtube.com/watch?v=gQnejLliS9g

Leider hat aus diesem Sketch ein Kulturbanause den Galaxy-Song herausgeschnitten. Der sei hier nachgeliefert mit zwar schlechter Bildqualität, aber dafür deutscher Übersetzung:

https://www.youtube.com/watch?v=1lOrCbHkMpA

Also Entwarnung! Gemessen am Universum sind unsere Probleme ja doch nur von mikroskopischem Ausmaß.

meint
Andreas Urbanek

Sprecher AfD-Kreisverband Dortmund